Ratgeber: Digitalisierung im öffentlichen Dienst
Die Digitalisierung - ein Begriff, der in den letzten Jahren zunehmend an Bedeutung gewonnen hat und mittlerweile aus unserem beruflichen Alltag kaum mehr wegzudenken ist. Während die einen in ihr eine Chance für Effizienzsteigerung und innovative Arbeitsprozesse sehen, betrachten andere sie mit Skepsis oder gar als negative Entwicklung.
Vor allem im öffentlichen Dienst, einem Bereich, der traditionell als weniger flexibel und anpassungsfähig gilt, wirft die fortschreitende Digitalisierung eine Reihe von Fragen auf. Doch unabhängig von der persönlichen Haltung ist der Trend unverkennbar: Die Digitalisierung ist ein branchenübergreifender Prozess, der zunehmend auch im öffentlichen Sektor Fuß fasst. Diese Entwicklung ist komplex und abstrakt, oft schwer greifbar und mit zahlreichen Herausforderungen verbunden. Doch sie birgt ebenso unerschlossene Potenziale, die es zu erkunden und zu nutzen gilt.
In diesem Ratgeber werden neben den Potenzialen und Herausforderungen der Digitalisierung auch die konkreten Schritte beleuchtet, die für eine erfolgreiche Einführung der digitalen Verwaltung notwendig sind.
Die Potenziale der Digitalisierung im öffentlichen Dienst
Die Digitalisierung im öffentlichen Dienst birgt erhebliche Potenziale. Sie ermöglicht bedeutende Zeit- und Platzersparnisse, indem sie das Bedürfnis nach physischen Archiven eliminiert und die Suche nach Informationen erheblich beschleunigt.
Dies führt zu einer drastischen Reduktion des Papierverbrauchs und ermöglicht eine effizientere Raumnutzung. Die Integration einer Suchfunktion in elektronische Akten und das Entfallen von Transportkosten können laut einer Studie der Friedrich Ebert Stiftung bis zu 33% der laufenden Verwaltungskosten einsparen.
Darüber hinaus verbessert die Digitalisierung die Nähe zu den Bürger*innen, indem sie es ermöglicht, Anträge online zu stellen und Einsicht in persönliche Dokumente zu gewähren, was den Behördengang überflüssig macht.
Mitarbeiter*innen profitieren von der Reduktion zeitaufwändiger Tätigkeiten, der Möglichkeit, ortsunabhängig zu arbeiten, und einer verbesserten Sicherheit durch digitale Zugangsberechtigungen. Die Automatisierung von Routineaufgaben führt zudem zu einer weiteren Entlastung des Personals.
Positivbeispiel ELSTER
Klingt nach unzähligen Vorteilen in der Theorie – aber klappt das auch in der Praxis? Ein Positivbeispiel ist die Digitalisierung der Steuererklärung in Deutschland. 1999 erfolgte die Einführung der elektronischen Steuererklärung (ELSTER). Diese wurde bis 2006 stetig weiterentwickelt, um den Verwaltungsprozess zu optimieren.
Nun ermöglicht ELSTER es sowohl Privatpersonen als auch Unternehmen, ihre Steuererklärungen online zu übermitteln. In dem Zeitfenster von 2003 bis 2017 verzeichnete das System einen beeindruckenden Anstieg bei der Nutzung elektronischer Steuererklärungen – von einer Million auf über 22 Millionen.
Wichtig für eine erfolgreiche Umsetzung digitaler Strategien im öffentlichen Dienst ist die Bereitschaft und das Engagement der Führungsebene. Eine effektive Digitalisierung setzt voraus, dass Führungskräfte die Transformation entschieden vorantreiben, die Mitarbeitenden frühzeitig einbeziehen und für eine offene, transparente Kommunikation sorgen.
Dabei ist es essenziell, dass die Lösungen auf die Bedürfnisse der Belegschaft abgestimmt sind. Das Wissen und die Erfahrung der Fachkräfte spielen eine zentrale Rolle und sind nicht zu unterschätzen. Ein tiefgreifender Wandel lässt sich jedoch nur mit der aktiven Unterstützung und dem Vorbild der Führungsebene erreichen.
Notwendigkeit in Krisensituationen
Die vielfältigen Krisensituationen der letzten Jahre haben deutlich gemacht, wie wichtig es für die öffentliche Verwaltung ist, jederzeit schnell und anpassungsfähig zu sein, um ihre Dienstleistungen auch unter schwierigen Bedingungen fortzuführen.
Die Implementierung digitaler Angebote spielt dabei eine zentrale Rolle, indem sie gewährleistet, dass die Verwaltung selbst bei physischen Einschränkungen zugänglich bleibt. Zudem fördern digitale Technologien die effiziente Zusammenarbeit über Behördengrenzen hinweg.
Die Bewältigung von Herausforderungen wie der erhöhten Zuwanderung im Jahr 2015 oder den Auswirkungen der Pandemie hat verdeutlicht, dass die Fähigkeit der Verwaltung, auf eine plötzliche Zunahme von Anforderungen prompt und wirkungsvoll zu reagieren, entscheidend ist.
Digitale Lösungen, die eine agilere Bearbeitung ermöglichen, sind hierbei unverzichtbar. Für eine bessere Vorbereitung auf zukünftige Krisensituationen ist es essenziell, aus den Erfahrungen der Vergangenheit zu lernen und diese in die Weiterentwicklung der digitalen Infrastruktur einfließen zu lassen.
Herausforderungen der Digitalisierung im öffentlichen Dienst
Trotz ihres Potenzials sieht sich die Digitalisierung im öffentlichen Dienst zum aktuellen Zeitpunkt mit einer Reihe von Herausforderungen konfrontiert. Eine zentrale Hürde stellt das oftmals fehlende Wissen über digitale Technologien und Prozesse dar. Mitarbeitende fühlen sich unsicher und stehen der plötzlichen Veränderung ihres Arbeitsalltags skeptisch gegenüber.
Ein weiteres Problem ist die fehlende Transparenz in Bezug auf die Digitalisierungsprozesse sowie die Verwaltungsprozesse selbst. Ohne klare Einblicke in die Vorgehensweisen, Entscheidungsfindungen und Ziele einer Verwaltung kann es zu Unsicherheiten und Widerständen innerhalb des Teams kommen.
Eng verknüpft mit diesem Aspekt ist die unzureichende Kommunikation. Verschiedene Bereiche oder Abteilungen kommunizieren im öffentlichen Dienst sehr selten miteinander, was für digitale Prozesse aber unverzichtbar ist. Schließlich stellen ungenaue Ziele und Anforderungen eine erhebliche Barriere dar.
Ohne präzise definierte Zielvorgaben und klare Anforderungen an die zu implementierenden digitalen Lösungen werden Ressourcen ineffizient genutzt, selbst wenn sie für die Digitalisierung zur Verfügung stehen.
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Die 5 Eckpfeiler der erfolgreichen Digitalisierung
Die Herausforderungen zu meistern und die Potenziale digitaler Verwaltungsprozesse voll auszuschöpfen ist nun eine der Hauptaufgaben des öffentlichen Dienstes. Wie gelingt das? 5 Aspekte sind in diesem Zusammenhang besonders hervorzuheben. Sie bilden sozusagen die Eckpfeiler der Digitalisierung im öffentlichen Dienst:
- Elektronische Akten
Die elektronische Aktenführung umfasst das digitale Erfassen und Organisieren von Dokumenten und Unterlagen in Verwaltungen und im öffentlichen Sektor. Eine elektronische Akte, ist vergleichbar mit der herkömmlichen Papierakte, bietet aber eine Reihe von Vorteilen wie erleichterte Suchvorgänge und automatisierte Archivierungs- und Vernichtungsprozesse.
Da im öffentlichen Dienst täglich mit Akten gearbeitet wird, stellen elektronische Akten den Grundbaustein für eine Digitalisierung des Arbeitsalltags dar. Mehr Informationen rund um die elektronische Aktenführung gibt es hier
- Digitale Schriftgutverwaltung / DMS
Elektronische Akten müssen richtig verwaltet werden. Dies ermöglicht die digitale Schriftgutverwaltung. Es handelt sich hierbei um die effiziente Organisation, Speicherung und Verwaltung von schriftlichen Dokumenten in elektronischer Form. Sie ermöglicht es, physische Dokumente zu digitalisieren und digitale Inhalte systematisch zu katalogisieren, sodass Informationen schnell und einfach abgerufen, bearbeitet und geteilt werden können.
Funktionen wie Suchalgorithmen, Zugriffskontrollen und automatische Archivierungsmechanismen verbessern die Zugänglichkeit und Sicherheit des Schriftguts. Mehr zur digitalen Schriftgutverwaltung lesen Sie hier.
Das Tool für die digitale Schriftgutverwaltung ist ein Dokumentenmanagementsystem (DMS). Dieses System dient der elektronischen Dokumentenverwaltung und bietet Funktionen zur Erfassung, Speicherung, Organisation und Bearbeitung von Dokumenten, einschließlich der Möglichkeit, diese miteinander zu verknüpfen.
Es basiert auf datenbankgestützten Verfahren, die durch spezielle Softwarelösungen realisiert werden. Alles rund um DMS inklusive einer Checkliste für die richtige Einführung einer solchen Software finden Sie hier.
- Agile Verwaltungsprozesse
Agile Verwaltung ist ein Ansatz innerhalb der öffentlichen Verwaltung, der sich durch Flexibilität, Transparenz und Schnelligkeit auszeichnet. Ziel ist es, auf die dynamischen Anforderungen der Gesellschaft effektiv zu reagieren und Verwaltungsprozesse kontinuierlich an sich ändernde Rahmenbedingungen anzupassen. Dieser Ansatz bricht mit traditionell starren und hierarchischen Strukturen, indem er auf interdisziplinäre Teams setzt, die in klar definierten, aber flexiblen Projekten arbeiten.
Die agile Verwaltung unterstützt nicht nur eine kundenorientierte Arbeitsweise, sondern ist auch eng mit der Notwendigkeit der Digitalisierung verknüpft, indem sie den Einbezug digitaler Prozesse in den Arbeitsalltag erleichtert und so die Verwaltung modernisiert und zukunftsfähig macht. Lesen Sie mehr über die Vorteile und Methoden von agiler Verwaltung.
- Das Team
Die Bildung eines engagierten Projektteams und die Durchführung zielgerichteter Schulungen sind zentrale Aspekte für den Erfolg der Digitalisierung im öffentlichen Dienst. Ein spezialisiertes Projektteam, das kontinuierlich am Digitalisierungsprozess, wie beispielsweise der Einführung eines Dokumentenmanagementsystems (DMS), beteiligt ist, gewährleistet nicht nur eine anhaltende Lernkurve, sondern fördert auch die notwendige interdisziplinäre Kommunikation. Die Fähigkeit, Wissen zwischen verschiedenen Fachbereichen effektiv zu vermitteln und ein grundlegendes IT-Verständnis sind dabei unerlässlich.
Parallel dazu sind Schulungen für die Mitarbeiter*innen von großer Bedeutung, um sicherzustellen, dass alle Beteiligten neue Systeme effizient nutzen können. Da die Rollen und täglichen Aufgaben innerhalb des Teams variieren, ist es entscheidend, maßgeschneiderte Schulungen anzubieten, die auf die spezifischen Bedürfnisse der Mitarbeiter*innen abgestimmt sind.
Dieser individualisierte Ansatz in der Fortbildung ermöglicht es jedem Teammitglied, das volle Potenzial der digitalen Werkzeuge auszuschöpfen, wodurch die Digitalisierung im öffentlichen Dienst nicht nur technologisch unterstützt, sondern auch durch die Kompetenzen und das Engagement der Mitarbeiter*innen getragen wird.
- Beratung
Die Digitalisierung des öffentlichen Dienstes erscheint oft als Mammutaufgabe. Viele Verwaltungen stoßen dabei an ihre Grenzen. Vielleicht stellen sich Ihnen auch nach der Lektüre zahlreicher Blogartikel und Ratgeber noch viel zu viele Fragen. Vielleicht haben Sie bereits Ziele, arbeiten aber noch an der richtigen Umsetzung.
Vielleicht wünschen Sie sich Unterstützung bei der Softwareimplementierung oder bei der Schulung Ihres Teams. Externe Dienstleister sind in diesem Fall unerlässlich bei der digitalen Transformation des öffentlichen Dienstes.
Da es keinen universellen Ansatz für die Digitalisierung gibt, müssen Verantwortliche Lösungen entwickeln, die sowohl effektiv als auch an die Besonderheiten ihrer Einrichtung angepasst sind. Strategische Berater bieten hier nicht nur einen umfassenden Überblick über die digitalen Möglichkeiten und deren Potenzial für die öffentliche Verwaltung, sondern identifizieren auch passgenaue, individuelle Lösungen.
Darüber hinaus ist die Unterstützung im Bereich Wissensmanagement von unschätzbarem Wert, da sie hilft, notwendige Kompetenzen innerhalb der Behörde zu entwickeln und zu fördern – ein kritischer Punkt angesichts der bevorstehenden Herausforderungen durch den demografischen Wandel.
Den öffentlichen Dienst digitalisieren. Aber richtig!
Die Digitalisierung des öffentlichen Dienstes birgt immense Potenziale für eine effizientere, transparentere und bürgerfreundlichere Verwaltung. Mit der richtigen Herangehensweise – einschließlich der Einbindung von Expertise durch externe Dienstleister und Berater – können die damit verbundenen Herausforderungen bewältigt werden. Diese professionelle Unterstützung ist entscheidend, um individuelle, maßgeschneiderte Lösungen zu entwickeln, die spezifisch auf die Bedürfnisse und Rahmenbedingungen der jeweiligen Verwaltungseinheit zugeschnitten sind.
Der Einsatz von Beratung und externen Dienstleistern ermöglicht es dem öffentlichen Dienst, von branchenübergreifenden Best Practices zu profitieren und innovative Technologien effektiv zu integrieren. Dies erleichtert nicht nur die Navigation durch die Komplexität der Digitalisierung, sondern beschleunigt auch den Transformationsprozess und gewährleistet eine hohe Qualität und Nachhaltigkeit der umgesetzten Lösungen.
Zukünftige Entwicklungen und gesetzliche Vorgaben, wie das Onlinezugangsgesetz (OZG) und das Krankenhauszukunftsgesetz (KHZG), unterstreichen die Bedeutung und Notwendigkeit der Digitalisierung im öffentlichen Sektor. Diese Gesetze fördern nicht nur die Transparenz und Zugänglichkeit der Verwaltungsdienstleistungen für die Bürger*innen, sondern setzen auch klare Ziele und Fristen für die Umsetzung digitaler Prozesse.
Vor diesem Hintergrund steht einer erfolgreichen Digitalisierung des öffentlichen Dienstes nichts mehr im Weg. Die kontinuierliche Anpassung an neue technologische Entwicklungen und gesellschaftliche Anforderungen wird eine agile, flexible und zukunftsorientierte öffentliche Verwaltung hervorbringen, die bereit ist, den Bürger*innen bestmöglich zu dienen. Die Zusammenarbeit mit externen Dienstleistern und Beratern spielt dabei eine Schlüsselrolle, indem sie die notwendige Expertise und Innovationskraft einbringt, um die Digitalisierung effektiv voranzutreiben und die Verwaltung für die Herausforderungen von morgen zu rüsten.
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Christoph Mers
Online Content Manager