Soziokratie oder demokratisch - wie sollte eine agile Führung aussehen?
Demokratischer, oder doch soziokratischer, Führungsstil – wer gewinnt?
Ob kleiner Betrieb, Non-Profit Organisation oder großer Konzern – die Institutionen der Bundesrepublik befinden sich im Umschwung. Neue, agiler Strukturen und Methoden sollen für Anpassungs- und Leistungsfähigkeit sorgen. Ein Nebeneffekt des agilen Wandels ist der vermehrte Abbau von Führung und Hierarchieebenen. Auch der Umgang zwischen Vorgesetzten und Mitarbeitern soll sich verändern. Die Führungskräfte leiten inzwischen keine Abteilungen mehr, sondern agile Teams. Für gute Führungskräfte ist klar, dass die strukturelle Rekonstruktion nur dann Erfolg haben kann, wenn auch das Führungspersonal mitzieht.
So fragen sich viele Führungskräfte, ob die eigene Mitarbeiterführung in Zeiten der Agilität noch angemessen erscheint.
Die Auswahl
Ist der Entschluss gefällt, beginnt erstmal die Recherchearbeit. Gruppenbezogen, Laissez Faire, autoritäre, charismatische oder der kooperative Führungsstil dürfen es heutzutage sein. Drei gezielte Fragen können der Führungskraft dabei helfen den passenden pädagogischen Ansatz für sich herauszufiltern. Unterstützt der Führungsstil meine Arbeit und Selbstorganisation? Passt er in das, z. B mitarbeiterorientierte, Konzept meines Unternehmens und schlussendlich, passt der Führungsstil zu meinen Charaktereigenschaften?
Sind diese drei Fragen geklärt, landen viele Personaler beim derzeit beliebten demokratischen Führungsstil. Besonders starker Beliebtheit erfreut sich dieser Stil deshalb, weil er sehr viel teamorientiertes Handeln und Mitarbeiternähe zu lässt. Des Weiteren ist die nachhaltige Steigerung der Mitarbeitermotivation und Produktivität ein hervorragender Zusatz.
Einen noch stärker mitarbeiterorientierten Schritt wagt der soziokratische Führungsstil. Ähnlich wie der demokratische Führungsstil setzt auch der soziokratische auf eine ausgeprägte Zusammenarbeit zwischen Vorgesetzten und ihren Mitarbeiter. Diese Zusammenarbeit ist jedoch so konsequent und strikt vorgesehen, dass Unternehmen und Personal immer häufiger davon zurückschrecken.
Demokratischer Führungsstil – Eine Definition kurz erklärt
Ähnlich wie in der Politik berücksichtig auch der demokratische Führungsstil die Interessen der Mehrheit. Stimmungsbarometer, Umfragen und Gesprächsrunden sollen dem leitenden Personal dabei helfen ihre Mitarbeiter und deren Anliegen besser zu verstehen. Diese Kommunikations- und Gesprächsbereitschaft wird jedoch nicht nur von den Vorgesetzten verlangt. Wie in einer Demokratie werden die Bürger, in diesem Fall Mitarbeiter, in die Pflicht genommen, proaktiv auf neue Themen zu zugehen und sich im Unternehmen freiwillig, über die Grenzen des normalen Arbeitsalltags, zu beteiligen.
Ein weiterer Vorteil des demokratischen Führungsstiles ist die Sachlichkeit. Als Führungskraft erteilt man Lob und Tadel sachlich im Kollektiv. Diese Gruppendynamik sorgt bei heiklen Themen für einen professionellen Umgangston. Mitarbeiter, welche Seminaren für Streitschlichter und Mentoren besucht haben, unterstützten den Vorgesetzten bei der Besprechung von schwierigen Themen. Ein größerer Aufgaben- und Verantwortungsbereich der Führung sollte nicht zu einer zwischenmenschlichen Abgrenzung führen. Diese Brückenbauer helfen Vorgesetzten wie Mitarbeiter gleichermaßen und bilden so eine Brücke zwischen allen Parteien.
Diese Verbundenheit, das Gefühl der Selbstbestimmung, beflügelt weitere Aspekte der täglichen Arbeit. Produktiveres Arbeiten, mehr Motivation, bewussteres Handeln und Interesse am Unternehmen führen zu einer besseren Grundstimmung und Atmosphäre.
Doch auch der demokratische Führungsstil birgt seine Tücken. Das Personal findet durch den demokratischen Handlungsweise Informations- und Gesprächsmöglichkeiten, dies muss bedeutet jedoch nicht, dass der Vorgesetzte nachdem Willen und Wünschen der Mitarbeiter entscheiden muss. Die Entscheidungsgewalt liegt auch hier einzig und allein bei dem Vorgesetzten. Kommt es im Entscheidungsprozess zu Abweichungen, führt dies schnell zu Frustration.
Soziokratischer Führungsstil – Eine Definition kurz erklärt
Die Soziokratie schafft, was die Agilität in Unternehmen anstrebt – den Abbau von linearen Strukturen. Meist in der Wirtschaft unterrepräsentiert, steht der soziokratische Führungsstil für eine nachhaltigen Umbau. Denn betroffen ist davon nicht nur die Führungskraft, sondern auch alle unterstellten Teams und Einheiten. So beeinflusst der soziokratische Führungsstil alle Aspekte des Unternehmens. Die Kommunikation, die Entscheidungsfindung, die Unternehmenskultur und das Verständnis gegenüber den eigenen Mitarbeitern. Wegen dieser tiefgreifenderen Veränderungen und den mitarbeiterorientierten Entscheidungsprozessen, wird der soziokratischen Führungsstil als Steigerung zum demokratischen Führungsansatz beschrieben.
Ehe alte Strukturen zu kreisförmigen Verbindungen weiterentwickelt werden können, ist eine ausgeglichene Umverteilung der Aufgaben und Verantwortungsbereiche nötig.
Dies kommt der Agilität wieder zu Gute. Im soziokratischen Strukturen bestehen Teams aus kreisförmigen Zusammenschlüssen. So bilden mehrere Teams in einer Abteilung das Große und Ganze, welche
Denn die Soziokratie in Unternehmen sieht vor, dem Mitarbeitern nicht nur eine Meinung zu zugestehen, sondern auch eine Wahlmöglichkeit. Dieses Wahlrecht verleiht den Angestellten nicht nur Macht, sondern auch mehr Verantwortung. Ähnlich wie beim demokratischen Führungsstil ist der Angestellte aufgefordert, möglichst aktiv am Gesehen im Unternehmen teilzuhaben und informiert zu bleiben.
Diese Basis an Fach- und Informationskenntnisse sind Grundvoraussetzung für eine soziokratische Leitung und Kooperation. Die Wahlbeteiligung erhält der Mitarbeiter nicht automatisch. Die Erfahrung und Fachkenntnis eines Angestellten sind entscheidend, wenn der Mitarbeiter bei unternehmensübergreifenden Entscheidungen mitwirken möchte. So kann die Führungskraft entscheiden, welche Mitarbeiter Zugang zum Entscheidungskreis erhält. Wünschenswert und Ziel des soziokratischen Führungsstil ist es jedoch allen Mitarbeitern Zugang zu den Entscheidungsprozessen zu gewähren und sollte nach den ersten Entscheidungen nicht aus dem Auge verloren werden.
Fazit
Im Vergleich zeichnen sich beide Führungsstile durch eine hohe Mitarbeiterbeteiligung aus. Diese Mitarbeiterbeteiligung entsteht durch das proaktive Informations- und Unternehmenskultur. Eine solche Gesprächskultur lässt sich nur Einführen, wenn die Führungskraft einen massiven zeitlichen Mehraufwand auf sich nimmt. Denn zum fachlichen Austausch kommt nun auch der vermehrte zwischenmenschliche Austausch. Auch die Herangehensweise an Entscheidungsprozesse wird kritisiert. Während bei der demokratischen Führung die Entscheidungsgewalt immer noch beim Vorgesetzten liegt und infolgedessen Abweichungen beim Menschen nur zu Frust führen, kann bei der Soziokratie ein einzelner Einwand das "Aus" des gesamten Entscheidungsprozesses bedeuteten. Diese Verpflichtung nach einem Kompromiss zu suchen zu müssen, empfinden viele als Nachteil. Es kostet allen Beteiligten enorm viel Zeit und Kraft.
Und dennoch lohnt es sich einen mitarbeiterorientieren Führungsstil anzunehmen. Motivation, Produktivität, ein besserer Informationsaustausch sind nur einige der vielen guten Gründe warum sich in Zeiten der Agilität ein „Wir“ im Unternehmen lohnt. Ebenso sind gemeinsame getroffene Entscheidungen nachhaltiger. Wohlwissend das im soziokratischen Organisationsmodelle alle beteiligten die Chance hatten sich mitzuteilen, ist es schwerer unzufrieden mit getroffenen Entscheidungen und deren Egebnisse zu sein.
So lässt sich zusammenfassen, dass das "Wir" in beiden Führungsstilen nachhaltig sein kann, wenn der Mensch dazu bereit ist Zeit, Kommunikation und Vertrauen zu investieren. In Zeiten des Umbruchs lohnt es sich alte Strukturen zu hinterfragen und gegebenfalls aufzubrechen. Denn die neuen gemeinsamen Ziele können nur dann erreicht werden, wenn altes Platz macht. Dabei geht es nicht darum radikal zu verändern, sondern darum Strukturen weiterzuentwickeln. Das Modell Soziologie, ebenso wie bei der Demokratie, beginnt bei der Führungskraft und endet beim Mitarbeiter.