Ratgeber zum Hinweisgeberschutzgesetz in Deutschland: aktueller Stand, Umsetzung und weitere Infos
Das Hinweisgeberschutzgesetz kommt endlich. Mit 1,5 Jahren Verspätung. In unserem Ratgeber zum Hinweisgeberschutzgesetz informieren wir über den aktuellen Stand, zur Umsetzung sowie dem Entwurf und weiteren Punkten.
Hinweisgeberschutzgesetz: der aktuelle Stand (Anfang Juni 2023)
Der aktuelle Stand zum Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG) kurz zusammengefasst:
Das HinSchG steht unmittelbar vor dem Inkrafttreten. Zuvor stimmte der Bundesrat dem Hinweisgeberschutzgesetz am 12. Mai 2023 zu. Davor, am 11. Mai 2023, passierte es bereits den deutschen Bundestag.
Somit kommt eine knapp 1,5 Jahre andauernde juristische Odyssee ihrem Ende entgegen. Aber Achtung: Nicht alle Unternehmen sind sofort von dem neuen Gesetz betroffen. Denn es gibt wie immer Ausnahmen.
Hinweisgeberschutzgesetz in 2023: ein Rückblick
Das eine weitere Runde überhaupt gedreht werden musste, hat seinen Ursprung Anfang des Jahres 2023. Ein Blick zurück.
Februar 2023: Der deutsche Bundesrat stimmt dem vorgelegten Gesetzesentwurf nicht zu. Das Gesetz ist in seiner damaligen Form vom Tisch.
17. März 2023: Im Bundestag werden zwei eingebrachte Gesetzesentwürfe diskutiert.
27. März 2023: Um weitere Steine aus dem Weg zu räumen, fand eine Anhörung im Rechtsauschuss statt.
30. März 2023: Geplant waren eine zweite wie dritte Lesung im Bundestag. Allerdings wurde das Thema kurzfristig von der Tagesordnung genommen. Stattdessen sollte eine Einigung mit der CDU und CSU erfolgen.
April 2023: Der Vermittlungsausschuss wird einberufen.
Der Kreis schließt sich und im Mai werden die letzten parlamentarischen Hürden genommen. Weitere rechtliche Informationen zum Hinweisgeberschutzgesetz bietet Ihnen unser Partner CURACON.
Hinweisgeberschutzgesetz: Inkrafttreten ab wann?
Nachdem die meisten gesetzlichen Hürden genommen wurden, befindet sich das HinSchG auf der Zielgeraden. Zunächst muss eine Veröffentlichung im deutschen Gesetzesblatt erfolgen.
Danach kann das Hinweisgeberschutzgesetz Inkrafttreten. Die Veröffentlichung erfolgte im Bundesgesetzblatt Anfang Juni 2023 unter dem Titel "Gesetz für einen besseren Schutz hinweisgebender Personen sowie zur Umsetzung der Richtlinie zum Schutz von Personen,die Verstöße gegen das Unionsrecht melden".
Somit findet das Inkrafttreten des Hinweisgeberschutzgesetzes an 02. Juli 2023 statt!
Für wen gilt das Hinweisgeberschutzgesetz?
Das Inkrafttreten des Hinweisgeberschutzgesetz ist nach dem aktuellen Stand für Anfang Juli 2023 geplant. Allerdings sind nicht sofort alle Unternehmen betroffen. Richtwert ist die Anzahl der Beschäftigten. Was bedeutet das?
Das Hinweisgeberschutzgesetz gilt ab dem Inkrafttreten für alle Unternehmen mit mehr als 250 Beschäftigten. Unternehmen ab 50 bis 249 Beschäftigte müssen ab dem 17. Dezember 2023 nachziehen. Unternehmen mit weniger als 50 Mitarbeitende müssen keine interne Meldestelle einrichten.
Hinweisgeberschutzgesetz: Wer ist noch betroffen?
Nicht bloß Unternehmen und Firmen müssen eine Meldestelle einrichten. Betroffen vom HinSchG sind ebenfalls Kommunen, Gemeinden und weitere Organisationen. Dazu zählen folgende Einrichtungen:
- Anstalten, wie die Landesrundfunkanstalten
- öffentlich-rechtliche Stiftungen
- die evangelische und katholische Kirche mit ihren Kirchengemeinden;
- sonstige gemäß Artikel 140 GG, Artikel 137 Absatz 5 der Weimarer Reichsverfassung als Körperschaften des öffentlichen Rechts oder nach entsprechenden Bestimmungen des Landesrechts anerkannte oder als Vereine des BGB konstituierte Kirchen
- sonstige Religionsgemeinschaften
Umsetzung des HinSchG
Für alle Unternehmen mit mehr als 250 Mitarbeitende sind unverzüglich nach dem Inkrafttreten des Hinweisgeberschutzgesetz verpflichtet, eine interne Meldestelle einzurichten.
Diese interne Meldestelle muss nicht ausschließlich durch das jeweilige Unternehmen erfolgen. Die Einrichtung des internen Meldekanals kann ebenfalls durch „Dritte“ erfolgen.
HinSchG: Unterschied bei den Meldestellen
Das Hinweisgeberschutzgesetz verlangt, dass hinweisgebende Personen folgende Wahl haben: Die Nutzung einer „internen“ Meldestelle im Unternehmen oder über eine „externe“ Meldestelle bei den Behörden. Somit ist der Unterschied zwischen den beiden Meldekanälen auch einfach erklärt.
Wichtig: Bevorzugt genutzt werden soll die „interne“ Meldestelle, wenn folgende zwei Punkte erfüllt werden:
- Wirksames internes Vorgehen gegen die Meldung
- Keine Befürchtung von Repressalien
Hinweisgeberschutzgesetz: Anforderungen an eine interne Meldestelle
Laut dem Hinweisgeberschutzgesetz muss die interne Meldestelle gewisse Vorgaben erfüllen. Wichtigste Anforderung an den internen Meldekanal ist, dass keine unberechtigten Personen Zugriff haben. Somit soll unter anderem die Identität des Hinweisgebers vor nicht berechtigten Personen geschützt werden.
Dem zur Folge müssen bei der Implementierung einer internen Meldestelle laut dem HinSchG mehrere technische Anforderungen erfüllt werden. Der interne Kanal muss sowohl mündlich als auch per Textform erreichbar sein.
In mündlicher Form bedeutet entweder per Telefon oder über eine Art Sprachübermittlung. Entscheidend ist, dass die Identität des Hinweisgebers gewahrt wird. Diese darf nur in Ausnahmefällen wie beispielsweise bei Strafverfahren auf Verlangen der Behörden preisgegeben werden.
Anforderungen an die beteiligten Personen
Nicht bloß die interne wie externe Meldestellen müssen bestimmte Anforderungen erfüllen. Das gilt ebenfalls für die Personen, welche die Hinweise aufnehmen und bearbeiten.
Folgende drei Vorgaben müssen berücksichtigt werden:
- Beteiligte Personen müssen unabhängig in Ihrer Arbeit sein.
- Kein Interessenkonflikt mit anderen Tätigkeiten besteht.
- Notwendige Fachwissen aufweisen.
HinschG: Verfahren bei einer internen Meldestelle
Das Hinweisgeberschutzgesetz regelt ebenfalls das konkrete Verfahren beim Eingang einer Meldung über eine interne Meldestelle.
Das Verfahren sieht wie folgt aus:
- Eingangsbestätigung an hinweisgebende Personen innerhalb von sieben Tagen
- Formelle Prüfung der Meldung
- Kontaktaufnahme mit hinweisgebender Person
- Meldung auf Stichhaltigkeit überprüfen
- Ergreifen von angemessenen weiteren Maßnahmen
- Rückmeldung an hinweisgebende Person innerhalb von drei Monaten
- Dokumentation des Vorganges und Löschung der Daten nach drei Monaten
Anonyme Hinweise keine Pflicht mehr
Im ursprünglichen Gesetzesentwurf war es eine Pflicht. Jetzt ist aber nicht mehr. Die Rede ist davon, dass Hinweise verpflichtend anonyme einzureichen sind. Diese Vorgabe ist kein „Muss“ sondern bloß noch ein „Kann“.
Allerdings ist es fraglich, ob hinweisgebende Mitarbeitende unbedingt Ihren Klarnamen verwenden möchten. Deshalb sollten Unternehmen trotzdem die Möglichkeit bereitstellen, dass Hinweisgeber anonyme eine Meldung einreichen können.
Hinweisgeberschutzgesetz: interne Meldestelle und eine falsche Umsetzung
Eine interne Meldestelle muss laut dem HinSchG mehrere Vorgaben erfüllen. Deshalb ist es wichtig, dass Unternehmen nicht versuchen, am falsche Ende zu sparen. Denn nicht jede kostengünstige Lösung ist laut dem Hinweisgeberschutzgesetz auch geeignet als interne Meldestelle.
Folgende Varianten einer internen Meldestelle sind nach dem Hinweisgeberschutzgesetz nicht geeignet:
- Interne Telefonnummer
- Interne E-Mail-Adresse
- Voicebox
Bei Letzterer ist das Versenden einer Eingangsbestätigung an den Hinweisgeber nicht möglich. Bei den ersten beiden Möglichkeiten kann ein Zugriff der internen IT-Administration nicht verhindert werden.
Die Nutzung einer externen Telefonnummer mit Rufnummernunterdrückung oder ein physisches Zusammentreffen sind möglich. Allerdings ist die Umsetzung teilweise schwierig und schafft hohe Kosten.
Eine bestmögliche Umsetzung der internen Meldestelle ist die Einführung einer IT-Lösung, welche alle Anforderungen an das HinSchG erfüllt.
Hinweisgeberschutzgesetz: externe Meldestellen
Laut dem Hinweisgeberschutzgesetz soll eine zentrale externe Meldestelle beim Bundesamt für Justiz eingerichtet werden. Dieser externe Meldekanal soll eine übergreifende Zuständigkeit erhalten und würde sowohl für den öffentlichen Dienst als auch die Privatwirtschaft gelten.
Des Weiteren sollen die bereits bestehenden externen Meldestellen des Bundeskartellamtes und der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungen genutzt werden.
Ziele vom Hinweisgeberschutzgesetz
Das HinSchG verfolgt vorwiegend zweierlei Ziele. Zum einen die Umsetzung der EU-Whistleblower-Richtlinie in nationales Recht. Zum anderen den besseren Schutz von hinweisgebenden Personen. Sprich, ein Ausbau des bisher lückenhaften und unzureichenden Schutzes von Whistleblowern.
Außerdem sollen den Hinweisgebern in Zukunft keine Nachteile drohen. Ein wichtiger Punkt, denn in der Vergangenheit bekamen hinweisgebende Personen entweder Nachteile zu spüren oder verzichteten aus Angst auf eine Meldung.
Dem soll das einheitliche Hinweisgeberschutzgesetz in Zukunft entgegenwirken.
Christoph Mers
Online Content Manager